FANK liefert der Regierung Benchmark zur Regulierung von Kernkraftwerken
Die Vorschriften in den untersuchten Ländern fordern ein ähnliches Sicherheitsniveau, aber die Umsetzung in der Praxis ist unterschiedlich
Auf Ersuchen der belgischen Regierung hat die Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANK) einen Vergleich der Sicherheitsstandards für Kernreaktoren im In- und Ausland durchgeführt. Die FANK beschloss, diesen Vergleich für die Niederlande, Frankreich, Deutschland und die Schweiz durchzuführen, da diese Länder eine ähnliche Nukleartechnologie verwenden. Das Benchmarking zeigt vor allem, dass es sich nicht um eine Schwarz-Weiß-Geschichte handelt. Zwar gibt es international viele Ähnlichkeiten, aber auch sehr viele Unterschiede, die einen Vergleich erschweren. Die allgemeine Schlussfolgerung ist, dass alle in diesem Bericht berücksichtigten Länder ohnehin ein hohes Sicherheitsniveau für ihre kerntechnischen Anlagen gewährleisten. Die Vorschriften sind überall auf einem ähnlichen Niveau, auch wenn ihre Umsetzung in der Praxis von Land zu Land und sogar von Reaktor zu Reaktor unterschiedlich ist. Das bedeutet, dass Belgien in einigen Bereichen strenger ist als andere Länder, während andere Länder in anderen Bereichen anspruchsvoller sind. Alles hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab, z. B. von der geografischen Lage des Reaktors und den spezifischen örtlichen Risiken.
Sicherheitsvorschriften
Die Western European Nuclear Regulators’ Association (WENRA), dem alle in diesem Bericht genannten Länder angehören, veröffentlichte im Zeitraum 2006-2008 eine Reihe von WENRA-Sicherheitsreferenzniveaus mit dem Ziel, die Sicherheitsstandards in allen Mitgliedstaaten so weit wie möglich zu harmonisieren. Diese Referenzniveaus wurden im Laufe der Jahre noch mehrmals aktualisiert. Ziel der nuklearen Regulierung ist es, die Bevölkerung und die Umwelt vor den Risiken ionisierender Strahlung zu schützen. Daher muss die nukleare Sicherheit ständig verbessert werden, und die bestehenden Vorschriften wurden daher nicht aufgeweicht. Im Gegenteil, die WENRA-Normen wurden sogar noch übertroffen. Außerdem gilt im Nuklearbereich das Prinzip der zehnjährlichen Sicherheitsüberprüfungen (Periodic Safety Reviews, PSRs). Dabei wird für jeden Reaktor geprüft, inwieweit er auf der Grundlage neuer Erkenntnisse und Erfahrungen verbessert werden kann.
In Belgien wurden die meisten der ursprünglichen WENRA-Normen bereits damals in der Praxis eingehalten, waren aber noch nicht ausdrücklich in den Vorschriften enthalten. Daher beschloss unser Land im Jahr 2011, sie verbindlich in den Königlichen Erlass über Sicherheitsvorschriften für kerntechnische Anlagen (AR/KB VVKI) aufzunehmen. Seitdem gelten diese Normen sowohl für neue als auch für bestehende Reaktoren.
Bewertung Belgien - Ausland
Da es sich bei den WENRA-Standards um eine Reihe gemeinsamer Mindestanforderungen handelt, gehen die verschiedenen Länder je nach ihrer spezifischen Situation in mancher Hinsicht über die WENRA-Vorschriften hinaus.
Bei der Umsetzung der WENRA-Sicherheitsreferenzniveaus (Version 2014) in belgische Vorschriften im Jahr 2020 wurden unter Berücksichtigung der spezifischen Situation in Belgien zusätzliche Sicherheitsanforderungen und Klarstellungen aufgenommen, wie z. B. Widerstand gegen Flugzeugabsturz, gemeinsame Systeme und automatischer/autonomer Betrieb. Diese Themen sind, zusammen mit der Erdbebensicherheit, wichtige bekannte Anliegen im Hinblick auf die Auslegung für den potenziellen Weiterbetrieb der ersten Generation belgischer Reaktoren (Doel 1&2 und Tihange 1). Daher werden in diesem Bericht nur die Vorschriften zu diesen vier „Schlüsselthemen“ für die verschiedenen Länder erörtert.
Von diesen vier Themen sind drei (Flugzeugfalle, gemeinsame Systeme und automatischer/autonomer Betrieb) in den belgischen Vorschriften strenger als die WENRA-Sicherheitsreferenzniveaus. Der Grund dafür ist ein doppelter:
- Die spezifische belgische Situation wurde berücksichtigt. Ein Beispiel ist der Standort der Kernkraftwerke: In unserem Land befinden sich die Standorte in einem großen Hafengebiet, einige Kilometer von dicht besiedelten, städtischen Ballungsräumen entfernt oder in der Nähe eines Flughafens. Was die gemeinsam genutzten Anlagen betrifft, so haben wir in Belgien mit den „Zwillingsreaktoren“ Doel 1 und Doel 2 eine ziemlich einzigartige Situation, so dass dies ein zusätzliches Problem darstellt, das für andere Reaktorkonzepte nicht gilt.
- Nach Ansicht der FANK müssen die Nuklearvorschriften erforderlichenfalls verbessert werden, um das höchstmögliche Sicherheitsniveau zu gewährleisten. Die FANK möchte daher, dass sich alle Reaktoren, auch die der ältesten Generation, dem Sicherheitsniveau der jüngsten Reaktoren (Doel 4 und Tihange 3) annähern.
Wenn ein Weiterbetrieb von Doel 1&2 und/oder Tihange 1 nach 2025 gewünscht wird, ist eine Sicherheitsüberprüfung durch der Betreiber erforderlich. Nur durch eine solche periodische Sicherheitsüberprüfung kann die FANK feststellen, ob ein möglicher Betrieb nach 2025 aus sicherheitstechnischer Sicht zulässig ist.
Die Vorschriften legen fest, welche Risiken abgedeckt werden müssen, schreiben aber nicht vor, wie dies zu geschehen hat. Da die ältesten belgischen Reaktoren im Prinzip nach 2025 nicht mehr in Betrieb sein werden, wurden keine (weiteren) Studien durchgeführt, um festzustellen, ob sie noch dem Stand der Technik entsprechen können. Daher sind zusätzliche Studien erforderlich, um festzustellen, was getan werden müsste, um die geltenden Vorschriften zu erfüllen. Diese Studien umfassen auch viele andere Aspekte, die nicht Gegenstand dieses Berichts waren, wie z. B. die Alterung der Anlagen, die Verfügbarkeit von Personal für den sicheren Betrieb usw. Es liegt in der Verantwortung des Reaktorbetreibers, solche Studien durchzuführen und Maßnahmen vorzuschlagen, die dann von der FANK und ihrer Tochtergesellschaft Bel V im Hinblick auf die nukleare Sicherheit bewertet werden.
Die FANK übergab den Benchmark-Bericht am 31. März 2025 an die Bundesregierung und steht den politischen Entscheidungsträgern für weitere Interpretationen seines Inhalts zur Verfügung.